Der MARTENSMANN ist Kulturerbe

Plaketten bei Feierstunde am 5. November in Schönberg übergeben

Der Martensmann (mitte), dargestellt von Stefan Pagel und begleitet von seiner Nachtwächterin, wurde in Schönberg von seinem Amtskollegen dem Petermännchen begrüßt.Der Martensmann (mitte), dargestellt von Stefan Pagel und begleitet von seiner Nachtwächterin, wurde in Schönberg von seinem Amtskollegen dem Petermännchen begrüßt.

Am 5. November konnte im Bechelsdorfer Schulzenhaus in Schönberg endlich ein lang ersehnter Festakt stattfinden.


Am 5. November konnte im Bechelsdorfer Schulzenhaus in Schönberg endlich ein lang ersehnter Festakt stattfinden. Dieser bereits im letzten Jahr geplante Festakt musste wegen der Corona-Pandemie leider verschoben und konnte nur mit einem begrenzten Teilnehmerkreis durchgeführt werden. Die Veranstalter, der Landkreis Nordwestmecklenburg und der antragstellende Heimatbund für das Fürstentum Ratzeburg e.V. mit Sitz in Schönberg, legten größten Wert darauf, dass insbesondere diejenigen Akteure eingeladen wurden, die sich aktiv am Erhalt und der Pflege des Brauchtums beteiligt haben und es auch weiter tun werden. Die Veranstalter haben mit allen vier beteiligten Gebietskörperschaften die Einladungen abgestimmt. Nicht alle, die es verdient hätten, konnten berücksichtigt werden und Enttäuschungen waren vorprogrammiert. Die Freude über die gelungene Bewerbung und der Eintrag in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes sollten aber überwiegen.

„Diese Feier ist auch für die Aktiven wichtig, die den Brauch pflegen. Denn ich will, dass sie dabei bleiben und wir im nächsten Jahr wieder schöne Martensmann-Feste feiern können“, so Landrat Tino Schomann: „Ich hoffe, dass der Kulturerbestatus dem Brauch des Martensmannes einen weiteren Schub gibt und das Netzwerk aus Veranstaltungen stärkt, das aus ihm entstanden ist.“

Bereits das zweite Jahr in Folge müssen die Aktiven um das Brauchtum des MARTENSMANNES ohne die Reise der namensgebenden Figur und die damit verbundenen Volksfeste auskommen – die Planbarkeit war durch sich ändernde Hygieneverordnungen und unsichere Inzidenzentwicklungen nicht gegeben. Umso mehr spürte man bei allen Beteiligten die Freude über diesen Festakt.

Urkundlich lässt sich der Brauch bis auf das Jahr 1520 zurückdatieren. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der Brauch deutlich älter ist. Zum einen wird von „alle Jahr" gesprochen und zum anderen weisen Urkunden aus den Jahren 1227, 1301 und 1330 auf die Lieferung von Wein hin. Andere Quellen sprechen von einem Bezug zu Heinrich dem Pilger im 13. Jahrhundert. Einmal im Jahr sandte der Herrscher Lübecks, immer am 9. November, dem Mecklenburger Fürsten ein großes Fass Wein, überbracht durch einen Boten, den sogenannten MARTENSMANN. Unterwegs macht der fürstliche Weinlieferant in Schönberg und in Rehna Station, wo er traditionell mit großen Feierlichkeiten begrüßt und etwas von dem Wein verkostet wird. In Kriegswirren um 1817 herum wurde der Brauch aufgeben.

 

Der Initiator seiner Wiederbelebung hielt passenderweise die Festrede. Neben den geschichtlichen Hintergründen erzählt er auch, wie er nach der Wende im Lübecker Ratskeller mit dem Kellermeister bei einem Glas Rotspon beisammen saß. Dort kam man auf die Idee, den Brauch als Grenzüberschreitendes Symbol und als Zeichen der Überwindung der deutschen Teilung wieder einzuführen. Aber Erfolg hat bekanntlich viele Mütter und Väter!

Dass der Brauch jetzt Kulturerbe wurde, freute Engholm sehr. Er bedankte sich ausdrücklich bei denen, die das Anliegen unterstützt hatten – darunter namentlich Olaf Both vom Heimatbund vom Heimatbund für das Fürstentum Ratzeburg e.V. und dem Sachgebietsleiter Kultur und Archiv des Landkreises Klaus-Jürgen Ramisch. „Der MARTENSMANN ist heute wieder ein Stück regionale Identität über alte Grenzen hinweg.“, so Engholm. Über mehrere Jahre war das Projekt der Anerkennung als Kulturerbe intensiv von den Beteiligten verfolgt worden.

Auch Rico Badenschier sieht das so: „Es bedeutet den Menschen viel, dass dieser alte Brauch wiederbelebt wurde. Das Brauchtum muss weitergehen.“, so Schwerins Oberbürgermeister.

Als ganzjährig sichtbares Zeichen des gemeinsamen Erbes übergab Landrat Tino Schomann die Plaketten der UNESCO an Badenschier, die stellvertretende Stadtpräsidentin von Lübeck Silke Mählenhoff, den Schönberger Bürgermeister Stephan Korn und Rehnas Bürgermeister Hans Jochen Oldenburg. Sie werden ihren Platz an den jeweiligen Rathäusern finden.

Während der MARTENSMANN in Rehna, Sternberg und Schwerin schon Anlass für große Festlichkeiten ist, erhofft sich Mählenhoff durch den neuen Status auch für Lübeck eine Weiterentwicklung: „Ich hoffe, dass die Hansestadt in Zukunft mehr aus dem MARTENSMANN macht, als jetzt. Die Feste in den anderen beteiligten Städten zeigen uns, was möglich ist.“, so Mählenhoff.

 Verkörpert wird der MARTENSMANN seit sieben Jahren von Stefan Pagel, der bei der jährlichen Reise von einer Frau im Nachtwächterkostüm begleitet wird und in Schönberg von seinem Amtskollegen, dem Petermännchen aus Schwerin empfangen wurde.

 „Für mich ist die Rolle des Martensmannes jedes Mal ein tolles Erlebnis. Besonders schön ist, wie sehr sich die Menschen auch in Rehna und Schönberg freuen und wie überschwänglich wir begrüßt werden.“, erzählt er. Pagel will dem Brauch des MARTRENSMANNES auf jeden Fall treu bleiben. Er freut sich genau wie die Organisatoren der Volksfeste und die Besucher darauf, wenn der MARTENSMANN nach zwei Jahren Pause im nächsten Jahr seine Reise hoffentlich wieder in alter Form antreten kann.

 

In der neuen Broschüre „Immaterielles Kulturerbe in M-V“, die durch Frau Hückstaedt vom Museumsverband MV auf der Veranstaltung vorgestellt wurde, ist der MARTENSMANN bereits enthalten. Außerdem hat die Stiftung Mecklenburg eine neue und überabeitete Broschüre zum MARTENSMANN aufgelegt. Diese ist für 2 € erhältlich bei der Stiftung Mecklenburg unter der Rubrik Bücher & Co. ganz einfach online zu bestellen. https://stiftung-mecklenburg.de/publikationen/shop

Nach rund 175 Jahren Pause reist der Lübecker MARTENSMANN seit November 1991 wieder alljährlich über Schönberg und Rehna nach Schwerin, um mit einem guten Tropfen auf eine gedeihliche Nachbarschaft anzustoßen. Der Historiker Dr. Reno Stutz stellt in dieser Broschüre einen Brauch vor, der seit 2020 im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes steht, und erklärt, soweit die Quellen fließen, auch den historischen Ursprung des feucht-fröhlichen Martensmann-Zuges.

Zurück Nach oben Drucken Hilfe