Artenschutz und Biodiversität

Alle wildlebenden heimischen Tiere und Pflanzen unterliegen dem gesetzlichen Schutz.  Dieser sogenannte Allgemeine Artenschutz ist im § 39 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geregelt. 

Demnach ist es verboten

  • wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
  • wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
  • Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.

Was ein vernünftiger Grund ist, ist gesetzlich nicht weiter definiert. Hier mag im Einzelfall am ehesten der kategorische Imperativ hilfreich sein: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ oder auch das altbekannte „Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.“

Zu den allgemein geschützten Arten zählen beispielsweise die meistern unserer heimischen Wildpflanzen. Dennoch darf jede Person für den Eigenbedarf in der freien Natur Kräuter oder Wildobst sammeln. Dies ist im § 39 Abs. 3 BNatSchG geregelt und gilt natürlich nur, sofern der Eigentümer der Fläche nichts dagegen hat und unter der Maßgabe, dass der Bestand der gesammelten Art dadurch nicht gefährdet wird. Darüber hinaus gelten in Schutzgebieten oftmals Regelungen, die das Sammeln von Pflanzen untersagen. Wichtig zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass im Sinne des Gesetzes auch Pilze zu den Pflanzen gezählt werden, die in der Biologie ein eigenes Reich darstellen und weder Tier noch Pflanze sind.

Dem Allgemeinen Artenschutz unterliegen auch die Gewöhnliche und die Deutsche Wespe, die gerade im Spätsommer häufig Kaffeetafeln und Grillfeste aufsuchen. Es muss jedoch niemand mit einer Strafe rechnen, der zum Schutz der eigenen Gesundheit (Allergie) oder schlicht aus Angst vor einem schmerzhaften Stich eine Wespe tötet. Dies kann als vernünftiger Grund im Sinne des § 39 Abs. 1 BNatSchG angesehen werden. Auch der Schädlingsbekämpfer braucht keine Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde, wenn er ein Wespennest beseitigt. Die Kosten hierfür muss jedoch der Auftraggeber tragen.

Einige Arten, deren Bestände national oder europaweit gefährdet sind, hat der Gesetzgeber unter besonderen Schutz gestellt und unter den besonders geschützten Arten wiederum einige zusätzlich unter strengen Schutz. Für diese Arten gelten die sogenannten Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Demnach ist es generell verboten,

  • wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  • wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
  • Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  • wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.

Welche Arten zu den besonders bzw. streng geschützten Arten zählen, ist im § 7 Abs. 2 Sätze 13 und 14 BNatSchG definiert. Eine schnelle Recherche ist auf der vom Bundesamt für Naturschutz erstellten Internet-Plattform WISIA möglich.

Bekannte Beispiele für besonders geschützte Arten sind Hornisse, Igel und Maulwurf. Aber auch alle heimischen Vogelarten, Amphibien und Reptilien gehören dazu. Zusätzlich streng geschützt sind unter anderem Biber, Laubfrosch, Rotmilan sowie alle Fledermausarten.

Im Rahmen verschiedener Planungen und Eingriffe, vom städtischen Bebauungsplan bis hin zum Umbau oder Abriss von Gebäuden oder Baumfällungen auf privaten Grundstücken können unterschiedliche geschützte Arten betroffen sein. Die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG müssen jedoch in jedem Fall gewahrt werden.

Um die Betroffenheit geschützter Arten sicher einschätzen zu können, sind oftmals spezielle Untersuchungen durch eine entsprechend qualifizierte Person nötig.

Werden im Ergebnis solcher Untersuchungen in einem zum Abriss oder Umbau vorgesehenen Haus beispielsweise Fledermausquartiere nachgewiesen, hat der Vorhabenträger in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Verlust dieser Quartiere im Vorfeld ersetzt wird. Der Erfolg dieser sogenannten CEF-Maßnahme (engl. continuous ecological functionality-measures - Maßnahmen zur Gewährleistung der dauerhaften ökologischen Funktionalität) ist der Unteren Naturschutzbehörde vor dem Verlust des Ursprungsquartieres nachzuweisen. In jedem Fall ist während der Arbeiten sicherzustellen, dass geschützte Tiere nicht verletzt oder getötet werden. Dies ist meist zu gewährleisten, indem die Arbeiten in Abwesenheit der Tiere in den Herbst- und Wintermonaten stattfinden. Auch eine ökologische Baubegleitung durch eine entsprechend qualifizierte Person kommt in Betracht.

Nicht immer ist die Umsetzung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen möglich. Beispielsweise sind die Nester der Rauch- und Mehlschwalbe auch außerhalb der Brutzeit geschützt und dürfen nicht entfernt werden, da sie im folgenden Jahr wieder von diesen Tieren oder anderen „Nachmietern“ (z.B. Hausrotschwanz) genutzt werden können. Muss nun ein Gebäude abgerissen werden, in dem sich Nester der Rauchschwalbe befinden, ist es sehr schwierig, dies auszugleichen, da Rauchschwalben im Innern größerer, hallenartiger Gebäude (traditionell Stallgebäude) ihre Nester bauen. Meist ist es kaum möglich, eine solche Struktur als Ausgleich zu schaffen.

Auch kann oft aus Gründen der Verkehrssicherheit der Abriss eines Hauses oder die Fällung eines Baumes, in dem sich Quartiere geschützter Arten befinden, nicht aufgeschoben werden, bis der Erfolg der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme nachweisbar ist. In diesen Fällen ist durch den Vorhabenträger ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG Abs. 7 bei der Unteren Naturschutzbehörde zu stellen. Eine Ausnahme von den Verboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG kann nur unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden, zu denen unter anderem der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört. Darüber hinaus muss der Antragssteller darlegen, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Ferner darf sich der Erhaltungszustand der Population der betreffenden Art durch das Vorhaben nicht verschlechtern. Hierzu sind weitere populationsfördernde Maßnahmen (sogenannte FCS-Maßnahmen; engl. favourable conservation status – Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes) im Antrag darzustellen.

Verstöße gegen die Verbote der §§ 39 und 44 BNatSchG, denen kein mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmter Ausgleich bzw. eine Ausnahmegenehmigung zugrunde liegt, stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit hohen Geldbußen geahndet werden können. Sind streng geschützte Arten betroffen und die Übertretung eines Verbotes des § 44 Abs. 1 BNatSchG geschieht vorsätzlich, liegt eine Straftat vor.

 

Hinweise zum Artenschutz bei Eingriffen

Hinweise zum Artenschutz auf der Ebene der Bauleitplanung

Hinweise zum gesetzlichen Artenschutz in M-V

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Artenschutzrechtliche Genehmigungen

Leistungsbeschreibung

Artenschutz umfasst den Schutz und die Pflege bestimmter wild lebender Arten durch den Menschen. Artenschutzrechtliche Genehmigungen werden als Ausnahmen oder Befreiungen erteilt.

Verfahrensablauf

1. Antragstellung bei der unteren Naturschutzbehörde
2. Antragsprüfung durch untere Naturschutzbehörde, ggf. Nachforderung von Unterlagen oder Anhörung zu den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalten
3. Entscheidung der unteren Naturschutzbehörde, d.h. Erlass eines Verwaltungsaktes oder Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages
 

Voraussetzungen

Ausnahmen vom in § 44 BNatSchG festgelegten Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope können gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG von den zuständigen Naturschutzbehörden zugelassen werden, zur

  • Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden,
  • zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,
  • für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,
  • im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
  • aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.

Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG weiter gehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/147/EG sind zu beachten.

Welche Unterlagen werden benötigt?

Alle Unterlagen, die belegen, dass Voraussetzungen für eine Genehmigung vorliegen. Dazu gehören Angaben zum Sachverhalt, zu den konkreten Problemen, im Einzelfall sind aber auch Skizzen, Lagepläne und / oder Fotos hilfreich.

Welche Gebühren fallen an?

gemäß Gebührennummer 400 ff der Naturschutzkostenverordnung M-V

Welche Fristen muss ich beachten?

keine

Bearbeitungsdauer

abhängig von der Komplexität des Einzelfalls

 

 

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